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Grenzflächenrheologie, Oberflächenrheologie

Die Grenz- oder Oberflächenrheologie ist ein Zweig der Grenzflächenanalytik, der die Reaktion der Grenzflächenspannung (GFS) zwischen zwei Flüssigkeiten bzw. der Oberflächenspannung (OFS) einer Flüssigkeit auf die Deformation der Grenzfläche beschreibt. Sie ist relevant für Untersuchungen von tensid-stabilisierten Systemen wie Emulsionen und Schäume.

Viskoelastisches Verhalten von Grenzflächen

Die GFS/OFS γ ist die Arbeit, die aufgebracht werden muss, um eine gegebene Grenzfläche zu vergrößern. Für reine Flüssigkeiten ist diese Arbeit proportional zur Flächenänderung unabhängig von deren Betrag oder Geschwindigkeit, sodass die OFS/GFS eine Stoffkonstante darstellt.

 

Sind hingegen Tenside beteiligt, dann ist die GFS/OFS abhängig von der Konzentration adsorbierter Moleküle an der Grenzfläche (Überschusskonzentration Γ). Durch Dehnung der Oberfläche nimmt die flächenbezogene Konzentration schlagartig ab, sodass die OFS/GFS ansteigt. Dieser Vorgang wird als elastisches Verhalten der Grenzfläche bezeichnet. Er ist reversibel, d.h. die OFS/GFS nimmt bei Wiederherstellung der Ausgangsgröße der Grenzfläche den ursprünglichen Betrag an. Die folgende Abbildung zeigt diesen Vorgang zur Vereinfachung an einem unlöslichen Tensid, dessen Moleküle sich nur an der Oberfläche, aber nicht in der Volumenphase befinden, sodass kein Konzentrationsausgleich an der Grenzfläche stattfinden kann.

Wenn sich auch innerhalb der Lösung Tenside befinden, dann erfolgt nach der Dehnung der Grenzfläche eine Diffusion der Moleküle zur Grenzfläche und eine Adsorption an dieser. Dieser Vorgang führt zu einer zeitabhängigen, irreversiblen Verringerung der OFS/GFS, die als viskoses Verhalten bezeichnet wird. Bei Tensidlösungen überlagern sich elastisches und viskoses Verhalten, sodass von viskoelastischen Eigenschaften einer Grenzfläche gesprochen wird.

Physikalische Beschreibung

Die viskoelastische Reaktion einer Grenzfläche auf deren Dehnung wird durch den komplexen viskoeleastischen Modul E* ausgedrückt. Dieser setzt sich aus dem Elastizitätsmodul E' und dem Viskositätsmodul E'' zusammen:

Der viskolastische Modul E ist der Betrag des komplexen viskoelastischen Moduls E*:

E' und E'' kennzeichnen gemeinsam die Änderung der Grenzflächenspannung aufgrund der Dehnung, wobei E' den Einfluss der Konzentrationsänderung durch die veränderte Fläche und E'' die zeitliche Änderung aufgrund des allmählichen Konzentrationsausgleichs beschreiben.

Bedeutung

Emulsionen und Schäume sind Systeme mit einer großen, inneren Oberfläche, die mithilfe von Tensiden entstehen und stabilisiert werden. Der viskoelastische Modul E beschreibt die Erhöhung der Grenzflächenspannung im Zuge einer Grenzflächendeformation und damit den Widerstand, den die Grenzflächen einer solchen Deformation entgegensetzen. E' stellt dabei die elastische Gegenkraft des Systems dar, während E'' beschreibt, wie schnell der Ausgangswert der Grenzflächenspannung nach der Deformation wieder hergestellt wird. Für beide Größen sind vielfach Zusammenhänge mit verschiedenen Aspekten der Stabilität von Schäumen und Emulsionen gefunden worden.

 

 

Messung

Aus der Darstellung der Moduln E*, E' und E'' in der komplexen Zahlenebene mit dem Realteil Re und dem Imaginärteil Im wird ersichtlich, dass E' und E'' mithilfe trigonometrischer Funktionen berechnet werden können.

Bei der Messung wird die Oberfläche eines im Kamerabild erfassten, hängenden Tropfens (Pendant Drop) bzw. einer Blase mit Hilfe eines extrem präzisen Dosiertriebes periodisch und exakt sinusförmig verändert. Die GFS/OFS wird dabei anhand einer Tropfenkonturanalyse nach Young-Laplace in Abhängigkeit von der Oberflächengröße A und der Zeit t bestimmt. Aufgrund der unterliegenden Sinusfunktion entspricht der Winkel φ (s. Bild oben) der Phasenverschiebung zwischen der Oberflächenänderung und der ebenfalls sinusförmig verlaufenden GFS/OFS.

Unter Einbeziehung des Zusammenhanges zwischen trigonometrischen Funktionen und der Exponentialfunktion lassen sich die grenzflächenrheologischen Größen E*, E' und E'' berechnen (ω = Winkelfrequenz, A0 = Mittelwert der Fläche, Δγ = Amplitude der GFS/OFS, ΔA = Flächenamplitude).

Literatur
  • S.C. Russev, N. Alexandrov, K.G. Marinova, K.D. Danov, N. D. Denkov, L. Lyutov, V. Vulchev, C. Bilke-Krause, “Instrument and methods for surface dilatational rheology measurements”, Rev. Sci. Instr. 2008, 79, 104102.
  • F. Thomsen, "Stretching exercises for drops". KRÜSS Application Report AR 246.
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